Hansaviertel Berlin

 

Text und Gestaltung: Daniela Pieper
Titelbild: Daniela Pieper, Blick auf die Anlegestelle Holsteiner Ufer 32 im Hansaviertel

Das Hansaviertel Berlin |  Vom mondänen Altbaut- zum modernen Hochhausquartier

Du bist ein echte(r) Berliner(in) oder lebst schon längere Zeit in der Stadt? Dann wird Dir das Hansaviertel sicher ein Begriff sein. Das Hansaviertel ist eines von 96 Ortsteilen der insgesamt 12 Berliner Stadtbezirke und liegt im Herzen der Stadt, genauer gesagt im schönen Bezirk Mitte.

Foto: Wikipedia, Die Hansestädte und der Deutsche Orden im 14. Jahrhundert und Anfang des 15. Jahrhunderts

Die Hanse – nur ein Grund für die Namensgebung

Vielleicht hast Du Dich schon einmal gefragt, wie die einzelnen Bezirke zu ihrem Namen gekommen sind. Für das Hansaviertel gibt es gleich 3 Erklärungen.

Zum einen wurde das Quartier von der Berlin-Hamburger Immobiliengesellschaft „Hansa“ erschlossen wurde, der neben Berliner vor allem Hamburger Unternehmen angehörten.
Zum anderen war das Gebiet durch den Hamburger Bahnhof, aber auch über die Spree und die Elbe mit der Stadt Hamburg verbunden.

Und schließlich gehörte Berlin im 14. und 15. Jahrhundert einmal der Hanse an. Die Hanse war eine hauptsächlich aus norddeutschen Kaufleuten bestehende Vereinigung zwischen Mitte des 12. und Mitte des 17. Jahrhunderts. Sie diente der Vertretung gemeinsamer wirtschaftlicher Interessen, besonders im Ausland und sollte die Sicherheit der Überfahrt gewährleisten. Wenn Du mehr über die Hanse und die Hansestadt Berlin wissen möchtest, dann lies doch einfach folgenden Artikel:

Vom unbebauten Überschwemmungsgebiet zum städtischen Wohnviertel

Im ausgehenden 18. Jahrhundert war das Hansaviertel noch ein unbebautes Überschwemmungsgebiet, derzeit besser bekannt als “Schöneberger Wiesen”. Infolge der Industrialisierung entwickelte sich das Hansaviertel im 19. Jahrhundert jedoch schnell zum vornehmen Wohngebiet für das gut situierte Bürgertum. 

Auf der Grundlage der königlichen Ordre, der Gründungsurkunde des Hansaviertels, von 1874 erfolgte die Bebauung des neuen Wohngebiets. Typisch für die neuen Gebäude waren Stilelemente aus verschiedenen Epochen, wie etwa dem  Historismus, dem Eklektizismus, dem Neobarock oder der Neorenaissance. Hierzu gehörten z.B. Erker, Türmchen, Balkone, Giebel, Friesbänder, Gesimse, Säulen und zum Teil auch Fachwerk. All das sollte sowohl dem Standesbewusstsein, als auch dem Repräsentationsbedürfnis seiner Bewohner gerecht werden. Außerdem sah die Ordre vor, dass die Vorderhäuser maximal dreigeschossig mit einem Erdgeschoss und zwei Obergeschossen sein dürften. 

 

Foto: Wikipedia, Hansaviertel um 1900, hinten der Vorkriegsbau der Kaiser-Friedrich-Gedächtniskirche

Das Hansaviertel und seine berühmten Bewohner

Viele der repräsentativen Wohnhäuser wurden von prominenten Architekten geplant, wie z.B. Alfred Messel, dem Erbauer der Warenhauskette Wertheim oder Ernst von Ihne, der u.a. auch das Bode-Museum oder die Staatsbibliothek errichtete. Doch nicht nur die Architekten, sondern auch viele Bewohner des Hansaviertels sind noch heute bekannt. Hierzu gehören z.B. der Maler Lovis Corinth, die Dichterin Else-Lasker-Schüler oder die Vertreterin demokratisch-sozialistischen Denkens und Handelns in Europa Rosa Luxemburg.  

Interessant ist auch, dass bis in die zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts sehr viele jüdische Einwohner im Hansaviertel lebten. Ein Großteil von ihnen besaß auch Eigentum. Während der Zeit des Nationalsozialismus kam es jedoch zu tiefgreifenden Veränderungen. Albert Speer, der unter Adolf Hitler neu ernannte Generalbauinspektor, hatte im Jahre 1941 die “Entjudung” von Wohngebieten veranlasst. Daraufhin wurden jüdische Bewohner zunächst in sogenannte Judenhäuser eingewiesen und später in Konzentrationslager deportiert und ermordet. Noch heute erinnern zahlreiche Stolpersteine im Hansaviertel an das Schicksal der Menschen während der Zeit des Nationalsozialismus.

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Fotos: Wikipedia Corinth, Wikipedia Schüler, Wikipedia Luxemburg Zusammenstellung der Portraits von Lovis Corinth, Else Lasker Schüler und Rosa Luxemburg
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Fotos: Wikipedia Altmann, Wikipedia Baron, Fotomontage von zwei Stolpersteinen am  Holsteiner Ufer 10

Zerstörung des kompletten Viertels durch den Zweiten Weltkrieg

Während des Zweiten Weltkriegs sind etwa zwei Drittel der Wohngebäude durch Bombenangriffe im Hansaviertel zerstört worden. Zahlreiche Menschen verloren ihr zu Hause und im schlimmsten Fall ihr Leben. Von insgesamt 343 Wohnhäusern blieben nur 70 schwer beschädigt übrig und dienten Kriegsflüchtlingen, Vertriebenen oder auch obdachlosen Menschen als Unterschlupf.

Diese Menschen mussten sich mit dem Leben auf engstem Raum und zwischen Trümmerschutt arrangieren. Diese prekären Zustände blieben auch nach dem Krieg für mehrere Jahre bestehen. Erst im Rahmen der internationalen Bauausstellung Interbau im Jahre 1957 sollte das Hansaviertel wiedererrichtet werden.

Foto: Wikipedia Verwüstete Straße in Berlin im Zweiten Weltkrieg

Foto: WikipediaWalter Gropius Haus, Händelallee 1-9, 2014

Das neue Hansaviertel will hoch hin

Typisch für das neu entstehende Hansaviertel sind moderne Hochhäuser mit teils farbenfrohen Fassaden. Der vielleicht bekannteste Name auf der langen Architektenliste der Interbau 57 war Walter Gropius. Er kreierte ein konkav gekrümmtes Wohnhaus mit vorspringenden Balkonen und bunten Brüstungen, das als Publikumsmagnet für die Bauausstellung fungieren sollte.

Unter der Federführung von Werner Düttmann entstand im Hansaviertel auch ein Gebäude für die wieder gegründete Akademie der Künste am Hanseatenweg. Neben dem Gebäudekomplex für Ausstellungen und Veranstaltungen gehört auch ein Studiogebäude mit Backsteinfassade und Kupferdach sowie ein fünfgeschossiges Gebäude mit Ateliers und Wohnungen.

Das eigentliche Zentrum des Lebens ist der Hansaplatz

Hier entstand im Zuge der Interbau 57 ein Ensemble aus klassischer Moderne mit Blick auf die Siegessäule und den Großen Tiergarten.  Für die Bauausstellung wurden neben den sechs Wohntürmen an der Stadtbahnstrecke auch das 53 Meter hohe Giraffe-Hochhaus der Architekten Klaus Müller-Rehm und Gerhard Siegmann südliches Hansaviertels kreiert. Das Besondere dieses Gebäudes ist, dass die insgesamt 161 Wohnungen nur ein Zimmer haben, also von Anfang an für Singles geplant wurden. 

Ein weiteres interessantes, ebenfalls für die Interbau konzipiertes Gebäude ist das sogenannte Eternithaus des Architekten Paul Baumgarten. Das nach Faserzement der österreichischen Eternit-Werke benannte Haus soll an ein Wohnschiff mit Reling und Kajüten erinnern. Heute dient das Erdgeschoss für Ausstellungen und Veranstaltungen und in der Etage darüber befinden sich Maisonettewohnungen mit Dachterrassen.

Fotomontage: links Hansaplatz 2011 (Wikipedia), rechts 1958 (Wikipedia)

Foto: Wikipedia Eternit-Haus, Altonaer Str. 1, 2009

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Foto: Wikipedia Wohnhochhaus Giraffe, Klopstockstraße 2, 1957

Foto: Wikipedia – Ausblick auf das Schwedenhaus, Altonaer Straße 3/9, 1957

Foto: Wikipedia – Hansabücherei und Schedenhaus, 2013

Bungalowstil als Kontrast zu Hochhäusern

Und wer Fußbodenheizung bevorzugt, wird im Schwedenhaus fündig, vorausgesetzt dort würde eine Wohnung frei werden. Das ebenfalls für die Interbau von den schwedischen Architekten Sten Samuelson und Fritz Jaenecke gebaute Wohnhaus in der Altonaer Straße 3–9 nutzt den Platz perfekt aus. Das liegt insbesondere daran, dass die Treppenhäuser als Türme vor das Gebäude gestellt sind. Interessant ist, dass alle Betonbestandteile vor Ort gegossen wurden. 

Im Kontrast zu den neu errichteten Hochhäusern im Hansaviertel gab es ein Projekt, das sich modernen und großstadttauglichen Einfamilienhäusern widmete. Neben den zahlreichen Bungalows und kleinen Häuser entlang der Händelallee sticht ein Gebäude besonders hervor. Der Bungalow von Sergius Ruegenberg und Wolf von Möllendorff hat im Gegensatz zu den anderen Gebäuden des Hansaviertels fast keine rechten Winkel.

Foto: WikipediaBungalow von Sergius Ruegenberg und Wolf von Möllendorff, Händelallee 59, 2018

Foto: Stefan Magierski, unsere Anlegestelle Holsteiner Ufer 32, 2017

Anlegestelle Holsteiner Ufer – idealer Startpunkt für Schifffahrten 

Als herausragende Beispiele für Architektur und Städtebau hat der Berliner Senat im Jahr 2021 sowohl das Hansaviertel im ehemaligen West-Berlin, als auch sein Pendant, das Großprojekt “Stalinallee” (heute Karl-Marx-Allee) im ehemaligen Ostberlin, als Vorzeigequartiere der Nachkriegsmoderne ins Unesco-Welterbe aufnehmen lassen. Bleibt abzuwarten, wie die Entscheidung darüber ausfällt.

Vielleicht hat Dich der Artikel neugierig gemacht auf eine spannende Entdeckungsreise durch das Hansaviertel. Ein Rundgang durch das Quartier lässt sich auch wunderbar mit einer herrlichen Schifffahrt von unserer Hauptanlegestelle am Holsteiner Ufer 32 ergänzen. Die befindet sich ganz in der Nähe des S-Bahnhofs Bellevue. Schau doch einfach einmal in unseren Fahrplan oder sichere Dir einen Gutschein für eine unserer tollen Touren.