Westhafen Berlin
Text und Gestaltung: Daniela Pieper
Titelbild: Stefan Magierski, Westhafen im Sonnenuntergang mit unserem Schiff La Belle (im Vordergrund)
Westhafen Berlin | Ein bedeutender Umschlag- und Lagerplatz für die Binnenschifffahrt
Wußtest Du,
…dass Berlin insgesamt 24 Häfen besitzt? Einer der größten Häfen der Hauptstadt ist der Westhafen. Mit etwa 4 Millionen Tonnen Umschlag pro Jahr gehört er sogar zu den 10 größten Binnenhäfen Deutschlands.
Der Westhafen erstreckt sich über eine Fläche von etwa 430.000 Quadratmeter. Er ist durch den Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal über die Havel mit der Elbe und der Oder und durch den Westhafenkanal über die Spree mit der Oder verbunden.
Die Verbindung zur Spree ist historisch betrachtet noch gar nicht so alt, denn der Westhafenkanal (ehemals Neuer Verbindungskanal) wurde erst im Jahr 1956 fertiggestellt.
Foto: Wikipedia – Westhafenkanal
Der Westhafen entsteht
Bereits um 1900 gab es erste Planungen für den Bau des Westhafens. Doch aufgrund anfänglichen Widerstands der Königlich Preußischen Staatseisenbahn wurde erst 1914 mit dem Bau begonnen. Der verzögerte sich jedoch wegen des Ersten Weltkriegs.
Schließlich konnte ein Teilbereich der Hafenanlage am 3. September 1923 eingeweiht und an die im selben Jahr gegründete Aktiengesellschaft, die Berliner Hafen- und Lagerhaus AG (Behala), verpachtet werden. Das war notwendig, weil die Stadt Berlin wegen der schwierigen finanziellen Lage den Westhafen und weitere Berliner Häfen, wie den Spandauer Südhafen, den Osthafen oder den Hafen Neukölln, nicht mehr selbst betreiben konnte.
Zwischen den Jahren 1924 und 1927 wurde der Hafen erweitert und war zwischenzeitlich der zweitgrößte Binnenhafen Deutschlands.
Foto: Wikipedia, Lageplan vom Westhafen
Foto: Wikipedia, Zwei Feuerlöschboote beim Übungsspritzen im Berliner Westhafen, November 1930
Foto: Wikipedia – Modell T von Ford, 1925
Henry Ford und der Westhafen
Insgesamt wurde der Westhafen so konzipiert, dass sich Straße, Schiene und Fluss optimal miteinander kombinieren lassen. Neben dem Hafenbecken entstanden diverse funktionale Gebäude, die überwiegend als Lagerhallen oder Getreidespeicher, aber auch als Produktionsstätte dienten.
So kam es, dass der bekannte Erfinder und Automobilpionier Henry Ford bereits drei Jahre nach der Eröffnung des Westhafens eine der Lagerhallen anmietete, um sein Modell T, ugs. auch Tin Lizzie, „Blechliesel“ aus importierten Einzelteilen zusammenfügen zu lassen. Damit sparte sich Ford die hohen Einfuhrsteuern auf bereits fertiggestellte Fahrzeuge. Die Tin Lizzie war übrigens weltweit das erste Automobil, das massenweise produziert und dann auf dem deutschen Markt angeboten wurde.
Der Zweite Weltkrieg und die Auswirkungen auf den Westhafen
In Folge des Zweiten Weltkrieges war 60 Prozent des Hafens zerstört. Es dauerte 5 Jahre, bis die Schäden behoben und der Westhafen wieder von Schiffen, Eisenbahn und Lastwagen genutzt werden konnte. In den folgenden Jahren verlor der Hafen jedoch zunehmend an Bedeutung, unter anderem auch wegen der Teilung Deutschlands.
Doch die riesigen Lagerhallen blieben nicht ungenutzt, denn nach der Berlin-Blockade in den Jahren 1948/49 dienten sie als Senatsreserve, also als Lager für Grundnahrungsmittel, Medikamente, Rohstoffe für die Industrie, Kohle, Treibstoffe und zahlreiche andere Dinge des täglichen Bedarfs.
Fotos: Wikipedia – Gedenktafel an die Senatsreserve, Werner-Voß-Damm 60, Berlin-Tempelhof
Foto: Wikipedia – Entfernung einer Straßensperre in der Friedrichstraße nach der Blockade (Mai 1949)
Was war geschehen?
Die Berlin-Blockade war im Zuge des Kalten Krieges der Versuch seitens der Sowjetunion West-Berlin und in der Folge Gesamtdeutschland zu vereinnahmen. Die Blockade führte dazu, dass die Westalliierten den Westteil der Stadt nicht mehr über die Land- und Wasserverbindungen versorgen konnten, weil er als Enklave in der sowjetischen Besatzungszone lag.
Mit der Senatsreserve sollte sichergestellt werden, dass bei einer eventuellen neuen Blockade Berlins ein „normales“ Leben im Westteil der Stadt für mindestens 180 Tage (ein halbes Jahr) möglich sein sollte. Die Senatsreserve bestand bis zur Wiedervereinigung im Jahr 1990.
Wie ging es nach der Wende weiter?
Nach der Zusammenführung der beiden Deutschen Staaten dauerte es eine Zeit bis den Lagerhallen und Speicher am Westhafen “neues Leben eingehaucht wurden”. Seit 1997 nutzt den größten Teil des zum Magazin ausgebauten alten Getreidespeicher die Stiftung Preußischer Kulturbesitz.
Weitere Nutzer sind das Geheime Staatsarchiv, die Zeitungs- und Kinder- und Jugendbuchabteilung sowie die Berliner Staatsbibliothek. Auch die historischen Lagerhallen dienen inzwischen als Verkaufsräume, Möbellager, Werk- oder Veranstaltungsstätten und wurden im Zuge dessen modernisiert.
Der Westhafen selbst bekam 2001 im Rahmen des Berliner Hafenkonzepts eine neue Container-Verladestation und eine Anlegestelle für Binnen-Kreuzfahrtschiffe und ist heute ein wichtiger Umschlag- und Lagerplatz für die Binnenschifffahrt.
Foto: Wikipedia – alter Getreidespeicher
Foto: Wikipedia – Westhafen Berlin aus der Luft
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